SATURDAY NIGHT FEVER

(Milieufilmdrama, USA 1978)

Saturday Night Fever, deutscher Titel Nur Samstag Nacht, ist ein Film dessen Handlung hinreichend bekannt sein dürfte. John Badhams Werk mit John Travolta in der Hauptrolle ist ein weltweit bekannter und ebenso berühmter Film, auf dessen großen Erfolg hin Oskar- und Golden Globe Nominierungen, sowie tausende von Rezensionen gefolgt sind. Sein Einfluß ist bis zum heutigen Tage spürbar. Es läßt sich berechtiger Weise fragen: Warum also noch eine Rezension?

Anlaß dieser Rezension ist weniger der Film an sich, als die Rezensionsweise des selben als DER Kult-Tanzfilm in den Medien, damals wie heute. Saturday Night Fever ist also ein Tanzfilm?

Nein, genau das ist er nicht, sagen wir!

Vielmehr ist es so, daß es sich um ein anspruchsvolles Millieudrama über die Jugend der siebziger Jahre in Brooklyn handelt, im Vordergrund jener Tony Manero (John Travolta), der sich immer Samstag Abends für ein paar wenige Stunden in leidenschaftlichem Diskothekentanz über seine als Einwandererkind begrenzten gesellschaftlichen Möglichkeiten und das religiöse Dogma seines Umfeldes erhebt.

Tonys Vater - seit kurzem arbeitslos - ist zynisch und verbittert, seine Mutter zwanghaft religiös und nur der große Bruder kann ob seines Pfarrertums den Ansprüchen der italienischen Einwandererfamilie genügen. Als dieser dann die Kirche verläßt verachtet ihn seine Familie dafür anstatt zu fragen, warum er vom Glauben abgefallen ist. Tonys Freunde stammen aus vergleichbaren Verhältnissen und auch ihre Möglichkeiten sind mit den seinen vergleichbar. Aus Protest gegen ihre Herkunft und in Teilnahme an der zu dieser Zeit aufgekommenen neuen Freizügigkeit ist ihr Handeln naiv und unreflektiert. Sie konsumieren leichte Drogen, liefern sich mit Banden des Reviers üble Schlägereien und leben eine sexuelle Freizügigkeit, die im krassen Gegensatz zum religiös dogmatischen Rahmen ihres Umfeldes steht.

Saturday Night Fever erzählt von Problemen unterschiedlichster Art, zeigt Vergewaltigung und Selbstmord, thematisiert Gewalt, Abtreibung, Drogen und Klassengesellschaft. Der Film präsentiert detailliert gezeichnete konfliktbeladene Charaktere und deren Versuch, sich mit Hilfe von Diskomusik und Tanz in ihrem festen begrenzten Leben ein wenig leichter zu fühlen.

Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund reift Hauptdarsteller Tony Manero (John Travolta) vorallem durch die Auswirkungen seiner Begegnung mit der aus einer anderen Gesellschaftsschicht stammenden Stephanie Mangano (Karen Lynn Gorney) zu einem Mann heran, der seine Umgebung und sich selbst darin mehr und mehr in Frage zu stellen beginnt. Als er und Stephanie schließlich bei jenem Tanzwettbewerb, für den sie so hart geprobt haben, den ersten Platz belegen, kann Tony sich nicht über den Sieg freuen, erkennt er doch, daß ein anderes Duo viel besser war und den gesellschaftlich niedriger stehenden Puertoricanern nur aufgrund ihrer Abstammung nicht der verdiente erste Preis verliehen wurde. Tony trifft eine Entscheidung: Er definiert seine eigenen Wertvorstellungen nicht mehr über sein Umfeld und übergibt die Trophäe an die Puertorikaner ab. Als sich dann eine seiner Freundinnen mehreren Freunden sexuell anbiedert und sich daraus eine Vergewaltigung entwickelt, wendet sich Tony angewidert ab. Als sich dann noch einer seiner Kumpel aus Verzweiflung über die Folgen einer versehentlichen Kindeszeugung umbringt, bricht Tony mit Familie und Umfeld und beschließt mit der Hilfe von Stephanie einen Neuanfang im gesellschaftlich anderen New York, dessen Erfolg der Film allerdings offen läßt.

Und doch erschöpft sich der Ruhm von Saturday Night Fever, einem zweifelos großartigem Film, damals wie heute auf die sehenswerten Tanzeinlagen und das berühmte naive Stolzieren John Travoltas auf der Strasse. Beides ist absolut sehenswert, doch es nicht das, was diesen Film ausmacht.

Saturday Night Fever ist definitv kein Musikfilm, sondern ein Jugendmillieudrama, dessen Kernaussage, den Aufruf zur Selbstverantwortung, Regisseur John Badham Tonys Bruder in den Mund legt:

Tony, the only way you're gotta survive is to do what you think is right, not what they keep trying to jam you with. You let 'em do that and you're gonna end up in nothing but misery!

Von Jeromin Fest.