DER GARTEN DES CELIBACHE

(Dokumentarfilm und Dirigentenpotrait, 1999)

Die Musik, das bist Du! Nicht die Einheit der Komposition sondern die Kontraste der Komposition müssen herausgearbeitet werden. Rücksichtnahme und Aufeinandereingehen der Musizierenden aufeinander. Spannungsverhältnis aus der Gleichzeitigkeit von einzelnen Musikern und zugleich Akteuren eines großen Ganzen. Aber vor allem Bescheidenheit. Das Ego herausstreichen, sich ganz in den Dienst der Komposition stellen, das ist es, was der Dirigent leisten muss.

In seinem packenden Film über seinen Vater und dessen Lebensmission führt uns der Film von Serge Ioan Celibidachi (geb. 1968) durch einen der mehrwöchigen kostenlosen Workshops in den achtziger Jahren, den sein Vater, der berühmte Dirigent Sergiu Celibidache (1912-1996) in La Neuville-sur-Essonne bei Paris für Nachwuchstalente zu veranstalten pflegte. Der Film dokumentiert eindrucksvoll die Härte und Kompromisslosigkeit, die Eigenwilligkeit und Güte des über siebzigjährigen Celibidachi, der sich unermüdlich mit konstruktiver Kritik und offenem Lob seinen Schülern hingibt. Er geht auf ihre Eigenarten ein, diskutiert mit ihnen auf Augenhöhe und ermutigt sie, ganz sie selbst und doch gleichzeitig selbstloses Vermittlungsorgan zwischen Komposition und Klang zu werden. Sein Gespür für Klangentfaltung, Kontraste, Zeit, Miteinander arbeiten und aufeinander hören, für Emotionalität und feinste Nuancen der Ausführung wird anhand vieler Ausschnitte von Klavierhauptproben, Generalproben und Konzerten höchst unterschiedlicher Werke (u.a. Bruckner, Mozart und Bartok) beeindruckend deutlich.

Der Film ist Dokumentation und Collage zugleich. Wir erleben Celibidachi nicht nur als Lehrer, sondern auch als Gärtner und Tierfreund im heimischen Garten, als Kosmopoliten im Gespräch mit tibetanischen Mönchen und bei der Arbeit. Durch den Wechsel kontrastierender Schnitte - stille Naturbeobachtung (wie z.B. Schwäne und Enten im Teich), Workshop, Konzert - gelang es dem Regisseur einen Dokumentarfilm zu schaffen, der seine Zuschauer trotz enormer intelellektueller Dichte nicht überfordert.

Von Jeromin Fest.